Hinter Gittern - Lesung im Frauengefängnis


Mist, sie haben das mit den Morden rausbekommen. Und das mit dem entführten Kriminalhauptkommissar.

Am 30. Januar hatten wir einen Termin der Tür der JVA München, Frauenabteilung. Wir, das sind Ruth M. Fuchs, Edith Polken und Stefanie Gregg. Und ich.

Profikillerinnen.

 

Obwohl wir so viel auf dem Kerbholz hatten, durften wir am selben Tag wieder raus. 

Die Benefizlesung war ein Dankeschön des Mörderische Schwestern e.V., da die JVA München uns beim letzten Vereinstreffen eine Führung ermöglicht hat.

 

Schon der Empfang war beklemmend, nur Stift und Buch durften wir mitnehmen, die Bücherspenden wurden von der Dame am Empfang nicht angenommen. 

 

Als Nächstes sollten wir in den Zwischenraum zwischen zwei Gittertüren durchgehen. Die erste Tür öffnete sich - und schloss sich wieder hinter uns. Und da standen wir nun auf 3 qm, und die Zeit, bis sich die zweite Tür öffnete kam uns unendlich und luftleer vor. Stefanie Gregg erzählte uns, dass die Kinder aus der Mutter-Kind-Abteilung mit drei Jahren das Gefängnis verlassen müssen. Sonst verlernten sie es nicht mehr, vor jeder Tür stehen zu bleiben. Eine hübsche Junge Frau holte uns schließlich im Besucherfoyer ab, Glitzerhaarreif und so viele Waffen am Gürtel wie ein USK-Polizist bei der Sicherheitskonferenz. Sie schleuste uns durch ein paar Treppenhäuser, und auf einmal standen wir wieder im Freien, in einem Hinterhof mit Sportplatz unter einem kleinen Rechteck Himmel.

 

Die Lesung selbst fand gegenüber in der Kapelle statt. Ich fand das ironisch, dass ich aus meinem Buch voller Hexerei, schwarzer Magie und Gotteslästerung in der Kirche lesen sollte, aber der erwartete Blitzschlag blieb aus. Stattdessen kam die Schar Zuschauerinnen, neugierig, schwatzend und offensichtlich erfreut über die Abwechslung nach dem gemeinsamen Mittagessen. Im Alter von zwanzig bis sechzig war alles vertreten. Manche kamen in kichernden Grüppchen, manche saßen allein, wunderschön und unendlich traurig. Stefanie Gregg moderierte uns charmant an, erzählte ein bisschen von den Mörderischen Schwestern, und los ging's. 

 

Die Zuschauerinnen waren aufmerksam und stellten uns allen Fragen. Als ich meinen Hauptkommissar Johannes Brandl vorstellte, gab es großes Gekicher. Eine junge Frau fragte mich am Ende, ob ich die Kommissare realen Personen nachempfunden hatte. Es gäbe da einen ... Also, wenn ein Herr Brandl von der Münchner Kripo hier mitliest - NEIN!! Die Personen in meinen Büchern sind alle frei erfunden, Namensähnlichkeiten sind Zufall. 

 

In der Diskussion hinterher gab eine ältere Dame ein erstaunliches Statement ab. Die Strafen der Richter seien zu lasch, sagte sie. Heutzutage kämen alle zu gut davon. "Strafe muss sein", sagte sie. Was für Erfahrungen wohl viele der Frauen schon gemacht hatten? Vielleicht ist es für manche von ihnen eine Chance, aus einem peinigenden Umfeld wegzukommen. Zu hoffen wäre es.

 

"Wir kommen wieder", haben wir der Frau im Glitzerhaarreif gesagt, als wir wieder zwischen den Gittertüren warteten. 

Und wir meinen es.

 



Meine mörderischen Zellengenossinnen: 

Stefanie Gregg, www.stefanie-gregg.de

Ruth M. Fuchs, www.ruthmfuchs.de

Edith Polkehn, edithpolkehn.de

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